Sonntag, 22. November 2009

PaM, PaF



Jetzt am Wochenende haben die Plautdietsch-Freunde ein paar Jahre zurück geschaut und gleich auch ein wenig in die Zukunft: Sieht ganz so aus, dass nun endlich auch ein Institut für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der plautdietschen Sprache entsteht - mehr dazu auf der Homepage des Vereins.

Die inzwischen 10. Jahrestagung der Plautdietsch-Freunde fand wieder einmal in der Aula und auf dem Gelände der August-Hermann-Francke-Schule in Detmold statt (siehe Foto), wo ich auch schon mal zwei Halbjahre lang Deutsch und Englisch unterrichtet habe. Siebte und achte Klasse, war ein Erlebnis! Ich glaube, ich fühle mich mit DaF wohler. So oder so: Die AHFS-Schule ist eine außergewöhnlich gute Schule. Ich frage mich immer wieder, wann hier wohl endlich auch PaM (Plautdietsch als Muttersprache) oder PaF (Plautdietsch als Fremdsprache) angeboten wird...

Vielleicht in 10 Jahren?

Samstag, 14. November 2009

Friede wird viele zerstören



Klingt wie eine zeitlose Drohung, ist ein Zitat aus der Bibel (Daniel 8) und -- ist der Titel von Rudy Wiebes Debüt-Roman. Die ersten drei Teile (Frühling 1944, Sommer 1944, Herbst 1944) habe ich gestern Abend gelesen. Auf den "Winter 1944" freue ich mich noch, und habe gleichzeitig Angst davor. Schon verrückt, wie heftig ein Buch oder eine Geschichte die eigenen Wirklichkeiten ansprechen kann! Den Roman Peace Shall Destroy Many hatte Wiebe bereits 1962 geschrieben. Seine deutsche Übersetzung, gerade im Tweeback Verlag erschienen, beweist einmal mehr, dass Themen wie Liebe und Tod, Glauben und Zweifeln, an Raum und Zeit gebunden sind, und gleichzeitig völlig losgelöst davon sind...

Oder ist es einfach die Kunst eines Schriftstellers, gut zu erzählen?

Rudy Wiebe, dessen Muttersprache auch Plautdietsch ist, besucht nächsten Samstag die Plautdietsch-Freunde in Detmold und wird dort aus seinem Roman Friede wird viele zerstören lesen. Das Thema der 10. Jahrestagung des international aktiven Vereins Plautdietsch-Freunde e.V. ist diesmal die vieldiskutierte Wehrlosigkeit der Russlandmennoniten. Die Frage, ob echter Pazifismus möglich ist, wird wahrscheinlich auch am 21. November 2009 offen bleiben. Wenn ich heute oder morgen mein Wiebe-Buch weiterlese, werde ich wohl auch darüber nachdenken müssen, wieviel Thom Wiens (Hauptfigur des Romans), wieviel Johann Wiens (mein Vater), aber auch wieviel Alex Wiens (Marwa-Mörder aus Dresden) in mir selbst steckt...

Siehe/höre auch Beitrag "Krieg oder Frieden" im Deutschlandradio Kultur
Infos und Programm der 10. Jahrestagung der Plautdietsch-Freunde

Weitere Termine (Lesungen mit Rudy Wiebe) im November 2009:
15. Nov. 19 Uhr Neuwied-Torney, Mennonitengemeinde, Pommernstr. 9
16. Nov. 19 Uhr Marburg, Kanadasaal der Uni-Bibliothek, Wilhelm-Röpke-Str. 4
18. Nov. 19 Uhr Hamburg-Altona, Mennonitengemeinde, Mennonitenstraße 20
19. Nov. 19 Uhr Krefeld, Mennonitengemeinde, Königstr. 132
21. Nov. 17 Uhr Detmold, Aula der AHF-Schule, Georgstr. 24


Mittwoch, 4. November 2009

Sprache und Identität


Wenn man sich fragt WER BIN ICH?, dann spielt die Sprache natürlich immer wieder eine große Rolle. Aber auch das Land, in dem man geboren ist, in dem man lebt, prägt das Selbstbild eines Menschen offensichtlich mehr als nur ein bisschen. Für mich als Plautdietschen aus Russland war und ist es deshalb wichtig, dass die Ergebnisse der Internationalen Sprachkonferenz in Moskau differenziert genug ausfallen. Das Unterthema dieser Konferenz letzte Woche in den Räumen des IVDK und des Goethe-Instituts lautete "Aktuelle Fragen des Lernens und Lehrens der deutschen Sprache: Sprache als Grundlage für die Identitätssicherung der Russlanddeutschen". Etwas enttäuscht war ich von der Rede des Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung Dr. Christoph Bergner, der zwar viel von den "Wurzeln der Russlanddeutschen" sprach, aber anscheinend nur die deutsche Sprache und Kultur im Sinn hatte und mit keinem Wort den niederdeutschen Zweig dieser großen Minderheitengruppe in Russland erwähnte. Nach offiziellen Schätzungen hat schließlich jeder zehnte Russlanddeutsche eine plautdietsche bzw. russlandmennonitische Familiengeschichte. Wenn man hier von Identität, von sprachlichen und kulturellen Wurzeln spricht, dann ist "deutsch" schlicht und einfach nur die halbe Wahrheit. Dass die Ausrichter der Konferenz rund um Olga und Heinrich Martens auch einen Vertreter der international aktiven Organisation Plautdietsch-Freunde e.V. eingeladen hatten, hat mich positiv überrascht. Ich wünsche mir sehr, dass das angestrebte Konzept für eine "russlanddeutsche Sprachpolitik" ausgewogen und pragmatisch genug ist, um tatsächlich etwas Gutes zu bewegen.

Zum Foto oben: Basilius-Kathedrale am Roten Platz. Ich war überrascht, als ich dort plötzlich auch noch Lenin und Stalin (Foto unten) traf - die ja bekanntlich nicht so viel mit Kathedralen zu tun hatten, und auch meinen Eltern und Großeltern das Leben in Russland nicht gerade erleichtert hatten...

Mehr Fotos von letzter Woche in Moskau? Hier klicken!